PROJEKT

Patienten mit chronischen Erkrankungen der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder des Darms sind häufig mangelernährt und leiden zusätzlich an Muskelschwund. In der Folge droht eine Verschlechterung des Krankheitsverlaufs, und Komplikationen wie Stürze und Infektionserkrankungen häufen sich. Eine intensive ernährungsmedizinische Beratung und Behandlung könnten hier helfen, wurden aber bezüglich ihres tatsächlichen Nutzens und der Durchführbarkeit in der Praxis bisher kaum untersucht.
Forscher des Forschungsverbundes „EnErGie“ mit Partnern aus der Hochschule Neubrandenburg, dem Forschungsinstitut für Nutztierbiologie Dummerstorf, der Universitätsmedizin Greifswald und der Universitätsmedizin Rostock haben sich der Thematik nun in einer wissenschaftlichen Studie gewidmet. Dabei gelang es ihnen, ein ernährungsmedizinisches Behandlungskonzept zu etablieren, das auf einer Kombination aus stationärer und ambulanter Betreuung beruht. Eckpfeiler dieses Konzepts sind der Einsatz spezieller Trinkzusatznahrung und eine engmaschige Begleitung und Beratung der Patienten durch ernährungsmedizinisch geschultes Personal. Erste Anwendungsbeobachtungen sprechen dafür, dass Patienten von der Therapie hinsichtlich ihres Befindens und des Ernährungsstatus profitieren können, wenn sie die mehrmonatige Behandlungs- und Beratungsphase erfolgreich absolvieren.
Die Wissenschaftler:innen des Forschungsverbundes „EnErGie“ arbeiten nun an einer Überführung ihrer Forschungsergebnisse in die medizinische Praxis. Zugleich forschen sie daran, wie Erkrankungen der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder des Darms ursächlich mit Mangelernährung und Muskelschwund verknüpft sind, um zukünftig auch präventiv handeln zu können.
Der Forschungsverbund EnErGie wird im Rahmen der Exzellenzinitiative des Landes MecklenburgVorpommern in der laufenden Förderperiode 2014-2020 über eine Laufzeit von fast 4 Jahren mit circa 2 Mio. Euro gefördert. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Im EnErGie-Projekt werden sie gezielt dazu eingesetzt, Nachwuchswissenschaftler:innen auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin zu schulen. Durch diese Qualifizierungsmaßnahmen soll auch erreicht werden, dass ein Langzeiteffekt in der ernährungsmedizinischen Forschung über die Projektlaufzeit hinaus eintritt.
ARBEITSPAKET 1

Untersuchungen zur Mangelernährung im Mausmodell
Durch Arbeiten an Mausmodellen einer Leberzirrhose, einer chronischen Pankreatitis (CP) und eines Kurzdarmsyndroms (KDS) soll das mechanistische Verständnis von Mangelernährung und Sarkopenie vertieft werden. Zu den mechanistischen Studien insgesamt tragen die Tierversuche dabei insbesondere auch Befunde bei, die an Patienten schwer erhoben werden können, wie etwa vollständige Verlaufsdaten und Ergebnisse aus Untersuchungen an Gewebeproben. Durch vergleichende Untersuchungen an den drei Modellen sollen zusätzlich krankheitsbezogene Besonderheiten in der Entwicklung von Malnutrition und Sarkopenie herausgearbeitet werden. Dabei wird auch der spezifische Beitrag der Inflammation zum Vollbild der Erkrankungen erfasst. Aufgrund des klar definierten Schädigungszeitpunkts ist, anders als in Patientenstudien, auch die gezielte Erfassung früher Veränderungen möglich, die dem Vollbild der Malnutrition/Sarkopenie vorausgehen und somit in besonderem Maße für zukünftige therapeutische Interventionen in Betracht kommen.
ARBEITSPAKET 2

Querschnittstudie zu krankheitsassoziierter Mangelernährung
Zentrales Ziel der Arbeiten ist die Charakterisierung übergeordneter sowie krankheitsspezifischer Parameter und Mechanismen der Mangelernährung in einem gastroenterologischen Patientenkollektiv. Hierzu sind vergleichende Untersuchungen von mangelernährten Patienten in Abgrenzung zu nicht-mangelernährten Patienten und Kontrollprobanden vorgesehen. Die Erfassung krankheitsspezifischer Mangelernährungscharakteristika wird durch die Einbeziehung dreier klinisch sehr relevanter Entitäten, der Leberzirrhose, der CP und des kompensierten KDS, ermöglicht. Zusammen mit den tierexperimentellen Befunden sollen die Erkenntnisse in einem verfeinerten Modell krankheitsspezifischer Mechanismen der Malnutrition und Sarkopenie zusammengeführt werden.
Gemeinsam mit dem dritten Arbeitspaket werden die Studien darüber hinaus einen konkreten Beitrag zum Aufbau eines Methodensets leisten, das sich für die Diagnostik und Verlaufskontrolle mangelernährter Patienten in MV besonders eignet.
ARBEITSPAKET 3

Verlaufsuntersuchungen zur Therapie der Malnutrition
Die Ziele dieses Projektabschnitts sind:
Die Vertiefung der Erkenntnisse zu den Grundlagen krankheitsassoziierter Malnutrition aus den Tierexperimenten und der Querschnittstudie durch Einbeziehung von Verlaufsdaten an Kranken unter ernährungsmedizinischer Intervention
Die Entwicklung eines Methodensets, das sich für die Verlaufskontrolle mangelernährter Patienten mit gastroenterologischen Grunderkrankungen unter den besonderen Bedingungen in MV und der oft schwierigen sozialen Situation dieser Patienten eignet.
Eine konkrete Verbesserung der Malnutritionssituation der Patienten durch ein multimodales Konzept der Ernährungstherapie. Erwartet werden Erkenntnisse zur Therapietreue/Drop-out-Rate der Patienten, zur Praktikabilität einer Ernährungsoptimierung unter Praxisbedingungen, zur Erfolgsquote i. S. einer objektivierbaren Besserung der Mangelernährungssituation sowie auch zur Überleitung eines stationären Therapiekonzepts in den ambulanten Sektor.
ARBEITSPAKET 4

Aromatisierte Trinknahrung
Die Akzeptanz von Trinknahrung und die Therapietreue der Patienten werden in einem hohen Maße durch den Geschmack der Kost bestimmt und limitiert. Trotz der Verfügbarkeit unterschiedlicher kommerzieller Produkte sind die damit verbundenen Probleme bisher nicht zufriedenstellend gelöst. Ziel unserer Arbeiten in diesem Projektabschnitt ist die Weiterentwicklung von Trinknahrung durch eine verbesserte Aromatisierung. Die Optimierung des Geschmacks erfolgt unter Berücksichtigung regionaler Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben. In Anschlussprojekten sollen die aromatisierten Trinknahrungen auch in Kleinserien weiterentwickelt, produziert und zusammen mit Industriepartnern vermarktet werden.
ARBEITSPAKET 5

Arbeitspaket-übergreifende Analysen und Schlussfolgerungen
In diesem Projektteil stehen die drei übergeordneten Ziele des Gesamtprojekts im Fokus:
Erstens soll durch Zusammenführung der Erkenntnisse aus den AP1-3 das pathophysiologische Verständnis der Zusammenhänge zwischen Malnutrition, Sarkopenie und unterschwelliger systemischer Entzündung vertieft werden. Hierbei wird davon profitiert, dass sich tierexperimentelle Arbeiten und klinische Studien in ihren Aussagen ergänzen.
Zweitens geht es um die Definition eines Methodensets, das sich für die Diagnostik und Verlaufskontrolle mangelernährter Patienten unter Praxisbedingungen (stationär und ambulant) besonders eignet.
Drittens zielt das Projekt auf eine bessere Versorgung mangelernährter Patienten in MV ab. Hierzu ist es erforderlich, die Erkenntnisse aus der Quer- und der Längsschnittstudie (z. B. zur Akzeptanz der intensivierten Trinknahrungsbehandlung und ihren objektivierbaren Effekten) in ein auch außerhalb von Studienbedingungen tragfähiges Konzept zu überführen.
ARBEITSPAKET 6

Projektkoordination
Ziel in diesem Arbeitspaket ist die Gewährleistung einer reibungslosen Zusammenarbeit der Verbundpartner untereinander sowie des Verbunds mit Kooperationspartnern, dem Projektträger, dem LAGUS und allen weiteren relevanten Einrichtungen, Behörden und Institutionen. Durch ein erfolgreiches Management des Projekts sollen bestmögliche Voraussetzungen für die Erreichung der wissenschaftlichen Projektziele geschaffen werden.
Ein Kernziel in diesem Arbeitspaket ist der Aufbau einer hohen Anforderungen genügenden Qualitätssicherung. Die Sicherung von Daten (wie Protokollen, Primärdaten und ausgewerteten Ergebnissen) fällt in diesen Bereich, ebenso aber auch die Gewährleistung von Datenschutz unter Beachtung aller rechtlichen Auflagen. Weiterhin zählt der Aufbau eines wissenschaftlichen Beratergremiums in Form eines wissenschaftlichen Beirats dazu.